Nur zwei Stunden nach der Alarmierung Start nach Magdeburg
Ingrid Stenzel (Dewezet 11.01.2014) - Nur zwei Stunden nach der Alarmierung Start nach Magdeburg
Fluteinsatz: Cord Pieper möchte die Zeit der Hilfsgemeinschaft nicht missen
Fünf Hubschrauber dröhnen mit Big Packs tagtäglich über Magdeburg im Einsatz, elf Hochleistungspumpen pumpen tagelang pro Minute bis zu 88 000 Liter Überlauf- und Drängwasser in Elbe und Umflut zurück, gleichzeitig werden 10 000 Big Packs und 2,5 Millionen Sandsäcke zum Rückhalt der Flut verbaut: 20 000, zur Hälfte freiwillige Helfer und Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren aus dem ganzen Bundesgebiet, kämpften im Juni des vergangenen Jahres bis zur totalen Erschöpfung, aber mit Erfolg gemeinsam gegen das größte Hochwasser, das die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts jemals in ihrer Geschichte erlebt hat. Mit dabei: die Kreisfeuerwehrbereitschaft Ost aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont, zuständig für Gefahrenabwehr bei Katastrophen und Großschadenslagen, mit 138 Einsatzkräften in vier Zügen, der vierte Zug mit 38 Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Gemeindefeuerwehr Coppenbrügge unter der Leitung von Hauptbrandmeister Cord Pieper aus Diedersen.
Die Alarmierung, heißt es später in seinem Bericht, erfolgte über Sirene und Meldeempfänger am 8. Juni um 15.07 Uhr, um 17.15 Uhr Abfahrt Richtung Magdeburg, 0.45 Uhr Ankunft – Einsatzende am 13. Juni um 18.30 Uhr in Coppenbrügge. Dazwischen 15 Stunden lang 15 000 Sandsäcke auf durchweichte Deiche stapeln, essen, kurz bei 30 Grad auf der Wiese schlafen oder im Notquartier ohne funktionstüchtige Sanitäranlagen, weil ja das Wasser nicht abläuft – am zweiten Einsatzort wieder zwölf Stunden lang Sandsäcke füllen, zunächst ohne Hub- und Transportfahrzeuge, dann mit Bundeswehr- und THW-Gabelstaplern 2000 Big Packs stapeln und zu einem 900 Meter langen Schutzdeich packen, füllen, schleppen, zwischendurch einige Stunden schlafen. Fünf Tage lang, bis Magdeburg sicher ist. „Zweifellos mein größter Einsatz, was Dauer, Intensität, körperliche Belastung, aber auch praktische und letztlich erfolgreiche Umsetzung des jahrelangen Trainings betrifft“, sagt Pieper. Er ist seit 1985 in der Freiwilligen Feuerwehr Diedersen, seit 2005 stellvertretender Gemeindebrandmeister von Coppenbrügge, seit 2010 stellvertretender Zugführer des 4. Zuges der Kreisfeuerwehrbereitschaft Ost, seit November 2013 Gemeindejugendfeuerwehrwart – ein Leben für die Feuerwehr in steter Alarmbereitschaft. Wenn in diesem Moment der Meldeempfänger Signal gibt, ist er bereit. Und wenn ein Einsatz zum guten Ende gekommen ist, die Helfer, wie in Magdeburg, von den Betroffenen mit Dankbarkeit für die helfende Schufterei nicht nur in Form von selbst gebackenem Kuchen, Kaffee, Pizza und Getränken bei Kräften gehalten werden, seien auch die Kameraden überwältigt und motiviert für den nächsten Big Pack. „Eine Zeit, die ich nicht missen möchte“, sagt er zu Hause. Und was haben die Kameraden in seinem Zug, wie der Diederser Ortsbrandmeister Marco Heise, aus Magdeburg mitgenommen? „Wahnsinnige Gastfreundschaft, ein bis zwei Kilogramm mehr wegen der tollen Verpflegung, Müdigkeit, aber vor allem die Gewissheit, geholfen zu haben, wo dringend Hilfe benötigt wurde – ein unbeschreibliches Gefühl nach einem großen Einsatz!“ Der „Alarm“ für die Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland gleichwohl bleibt bestehen; er heißt Mitgliederschwund infolge des demografischen Wandels. Jedes Jahr gehen den Löschtruppen nach Information des Deutschen Feuerwehrverbandes über 10 000 Mitglieder verloren – durch Austritte und altersbedingtes Ausscheiden. Der Gedanke, dass Einsätze wie die in Magdeburg Einsicht in die Notwendigkeit und Interesse am Engagement in der freiwilligen Feuerwehr förderten, bestätige sich so nicht, sagt Heise. Die neun Neuen im vergangenen Jahr in Diedersens Wehr seien ein reiner Glücksfall und bereits vor Magdeburg begrüßt worden.